Wilma Lüken
Wanderin zwischen den Sprachwelten
Ihr Thema ist die Abbildung der heimatlichen Seele durch Formen und Spielarten der Schrift. Gefühle werden nicht nur aufgenommen, sondern gespiegelt, zurückgeworfen, sogar verstärkt. Sie gewinnen Stoff und Form, werden lebendig, ausgebreitet und zur Begutachtung und Erinnerung angeboten. So begleitet Wilma Lüken sich selbst und weist ihrer Leserschaft einen Weg, lädt zur Teilhabe ein. Wer mitgeht, dem öffnen sich Perspektiven und Empfindungen die helfen, das eigene Dasein besser zu verstehen. Zuwendung und Nachdenklichkeit, Sprachfülle gepaart mit thematischer Vielfalt, dazu gelegentlich ein Augenzwinkern, das ist das Werk dieser Autorin. Überzeugen Sie sich.
Der Eismond in nebliger Nacht, die Raupe auf der Parkbank, der Rückblick auf das verflossene Jahr, der fast wie eine Lebensbilanz anmutet; Wilma Lüken gestaltet ihre Arbeiten ideenreich und phantasievoll. Mit offenem Auge und wachem Sinn bleibt sie empfänglich für Eindrücke ihres Umfelds, greift sie auf und setzt sie in Literatur um. Dabei beeindruckt ihre Bereitschaft, sich auch schwierigen und sperrigen Themen zu stellen, der Unzulänglichkeit alles Menschlichen und der eigenen Endlichkeit. Es ist das bunte Spektrum von Zufallsbegegnungen und verlässlichen Lebensbegleitern, die für Wilma Lükens literarisches Schaffen Nährboden sind. Der sie fliehende Schlaf, den sie am Ende doch noch gewinnt, widmet sie schmunzelnd Gedankengeistern, und überlässt ihnen willig das Feld. Eine Mischung aus Tiefgang und Leichtigkeit, immer wieder gewürzt mit einem Spritzer Humor, zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk der Autorin. Aber auch die fliegende Schwerelosigkeit der Sinne, der ans Bett gebrachte Morgentee oder die mit Absicht vergessene Mütze als guter Grund für die Rückkehr, sie mindern die Ernsthaftigkeit nicht, mit der sich Wilma Lüken den Dingen zuwendet. Beredtes Zeugnis dafür ist auch der religiöse Bezug in vielen ihrer Arbeiten. Die christlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, wie sie Paulus von Tarsus in seinem Brief an die Korinther postuliert, regen ihre Gedanken immer wieder an und fordern ihre Wortkunst heraus. Sie nimmt jeden einzelnen dieser Werte und formuliert an den Unzialen tief berührende, persönliche Bekenntnisse. Hier äußert sich nicht nur ihre sittliche Bindung an das allgemeine Gute, sondern daneben die Gabe, daraus moderne Lyrik zu machen.
Beachtlich sind auch die Felder von Wilma Lükens literarischer Arbeit. Lyrik und Prosa finden darin Platz, die Kurzgeschichte, die Kriminalstory, das philosophische Gedicht, Erzählungen aus dem Alltag. So blickt die Autorin auf zahlreiche Veröffentlichungen zurück, ihre Werke finden sich in Anthologien und Gedichtbänden unterschiedlicher Verlage, auch beim NDR und in vielen regionalen Periodika. Die Arbeit „Tüsken Dag un Dröm“ mag als Beispiel ihres literarischen Schaffens dienen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient eine Form der Lyrik, die Wilma Lüken mit Erfolg betreibt; die Kunst des japanischen Kurzgedichts Haiku. Hier fängt sie die Welt in drei Zeilen, ein Rhythmus aus 5-7-5 Silben liefert höchste poetische Dichte. Nicht eben von Ungefähr ist Wilma Lüken im Haiku-Buch „Wo die Weite wohnt“ vertreten, einer Edition des Haiku-Verlages in Hamburg.
Dass Literatur keine Grenzen kennt, zeigt Wilma Lükens Werk exemplarisch. Sie darf vagabundieren und mäandern, die Perspektive wechseln, das Thema und die Form. Es ist ihr erlaubt zu schmunzeln und betroffen zu sein, zu glauben oder zu zweifeln, die Dinge zu verschleiern oder eben diesen Schleier zu lüften. Aber stets klingt in ihr tiefes Verständnis mit, eine warmherzige Zuwendung, ein nachsichtiges Verstehen.
Lothar Englert
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