Interview mit Rico Mecklenburg, Präsident der Ostfriesischen Landschaft
OKK: Wie lässt sich die Rolle der Ostfriesischen Landschaft bei der Förderung der heimischen Kultur beschreiben?
Mecklenburg: Die Ostfriesische Landschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kultur, Wissenschaft und Bildung in Ostfriesland zu fördern. Zielstrebig, professionell, nachhaltig und dies auf höchstem Niveau. Auf diesem Gebiet gehört sie zu einer der einflussreichsten Institutionen in unserer Region. Die Förderung geschieht einerseits durch aktive Netzwerkarbeit, andererseits durch handfeste finanzielle Unterstützung. Denn im Zuge der Auflösung der Bezirksregierungen zum 31. Dezember 2004 haben die 13 Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen die Aufgaben der regionalen Kulturförderung vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) übernommen. Bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres können bei der Ostfriesischen Landschaft Anträge auf Förderung kultureller Projekte gestellt werden. Auch das LiteraturFest Wittmund wird seit seiner Initiierung im vergangenen Jahr von der Ostfriesischen Landschaft finanziell und ideell unterstützt. Wir sind begeistert von dem durchdachten Format der Veranstaltung und freuen uns sehr über diese nicht zu unterschätzende Bereicherung in der kulturellen Landschaft Ostfrieslands, zumal das LiteraturFest Wittmund ein absolutes Novum in der Region darstellt.
OKK: Versteht sich die Ostfriesische Landschaft auch als proaktiver (Ansprech-) Partner für regionale Kulturarbeit?
Mecklenburg: Selbstverständlich tut sie das. Denn nur, wenn man aktiv auf das Geschehen Einfluss nimmt, kann man auch etwas Positives für die Menschen im Land ausrichten. Außerdem ist Kultur und Kunst weit mehr als Zier und Tand. Kulturarbeit ist gesellschaftspolitisch von hoher Relevanz, weil sie sich nicht auf reine Unterhaltung beschränken lässt, sondern Kunst und Kultur zu einem visionären Bestandteil des demokratischen Lebensprozesses macht. Kulturarbeit zielt darauf ab, die zwischenmenschlichen Beziehungen im Gesellschaftsleben zu verbessern und zwar nach demokratischen Spielregeln. Das indes kann nicht im Alleingang geschehen. Dafür braucht es Netzwerke und Menschen, die für eine Idee brennen und gemeinsam an einem Strang ziehen. Im Endeffekt geht es dabei stets um die Verbesserung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten, um das Optimieren und Erproben tradierter und neuer Praktiken des Miteinanders. Kunst und Kultur verfügen dabei über ganz andere Kompetenzen als beispielsweise Wissenschaft und Politik. Beiden liegt im besten Falle ein zutiefst humanistisches Ideal zugrunde. Mittels der Möglichkeiten von Kunst und Kultur lassen sich wertvolle neue Einsichten und Erfahrungen sammeln, die ansonsten undenkbar wären. Diesem Verständnis von der Sinnhaftigkeit regionaler Kulturarbeit folgt auch die Kulturagentur der Ostfriesischen Landschaft. Denn nur im Verbund mit vielen unterschiedlichen Menschen, Institutionen und Ausdrucksformen lässt sich mit den Mitteln von Kunst und Kultur gemeinsam ein besseres Morgen erproben.
OKK: Nach welchen Kriterien wählen Sie förderungsfähige Projekte aus?
Mecklenburg: Unsere konkreten Kriterien für die Regionale Kulturförderung entnehmen Sie bitte unserem Internetauftritt. Dort finden Sie die entsprechenden Formulare und Förderrichtlinien. Nur so viel an dieser Stelle: Gefördert werden regional bedeutende Kulturprojekte und Strukturmaßnahmen, etwa der Bildenden Künste, der Literatur, des Theaters, der Musik, um hier nur eine unvollständige Auswahl zu nennen. Zuwendungsempfänger sind vorrangig gemeinnützige Vereine und privatrechtliche Träger, die im Wesentlichen kulturelle Projekte durchführen. Eine Förderung von Projekten von Kommunen, von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Einzelkünstlern ist nur in begründeten Einzelfällen möglich. Die Ostfriesische Landschaft fördert in ihrem Zuständigkeitsgebiet ausschließlich Projekte mit einer Fördersumme von bis zu 10.000 Euro. Soweit nichts anderes bestimmt ist, werden Zuwendungen nur für Projekte in der Region Ostfriesland, also in den Landkreisen Aurich, Leer, Wittmund und der Stadt Emden, gewährt. Wenn Sie Fragen dazu haben, sprechen Sie uns gerne an.
OKK: Wie würden Sie Ihre Vision der Kulturlandschaft zwischen Dollart und Jadebusen, Fehngebiet und Inseln beschreiben?
Mecklenburg: Nun, die Kulturlandschaft in Ostfriesland ist bereits über die Maßen reichhaltig und vielfältig. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen: Die Orgellandschaft Ostfriesland zählt mit mehr als neunzig bedeutenden Orgeln aus sechs Jahrhunderten zu einer der wichtigsten Orgellandschaften der Welt, die alljährlich im Rahmen unterschiedlicher Konzertreihen bespielt wird.
Ebenfalls im Vergleich zu anderen ländlichen Regionen besonders reichhaltig ist die Anzahl der in Ostfriesland vorhandenen Museen und Sammlungen. Etwa sechzig derartige Institutionen gibt es in der Region, die auch inhaltlich breit aufgestellt sind: von Teemuseen über historische, archäologische und ethnologische Ausstellungen bis hin zu Kunst- und Handwerksmuseen, die überwiegend ehrenamtlich betreut werden. Eine enge Zusammenarbeit existiert bereits bei sechzehn Häusern, die im Museumverband Ostfriesland organisiert sind.
Daneben gibt es alljährlich vielfältige musikalische Darbietungen, etwa die weit über die Region hinaus bekannten Gezeitenkonzerte oder die zahlreichen Chöre, Musikfestivals, Musikwettbewerbe, Ensembles und Musikpraktizierenden an den verschiedenen Orten. Und nicht wenige Laientheatergruppen, Figurentheater, Kabaretts, Tanztheater stellen sich in den Dienst der Darstellenden Kunst.
Auch die Bildende Kunst hat in Ostfriesland einiges zu bieten. So gibt es beispielsweise eine Atelierroute. Rund vierzig Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker öffnen ihre Ateliers und Werkstätten. Gewerke von Weberei, Drechseln, Malerei, Keramik, Metall- und Holzverarbeitung bis hin zur Druckkunst sind zu erleben. Kunstschulen und Künstlervereinigungen, etwa der Ostfriesische Kunstkreis, widmen sich Malerei und Zeichenkunst. Und auch die Wortkunst hat durch verschiedene Events in hochdeutscher und niederdeutscher Sprache, nicht zuletzt durch das LiteraturFest Wittmund, in der Region eine starke Stimme.
Über einen Mangel an Kunst und Kultur kann man sich in unserer Region also wahrlich nicht beklagen. Und an vielen diesbezüglichen Initiativen hat die Ostfriesische Landschaft nicht unwesentlichen Anteil.
Perspektivisch können wir uns allerdings vorstellen, in Zukunft sowohl die Sichtbarkeit als auch die Vernetzung der weit im Land verstreuten Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden noch mehr voranzutreiben sowie bei unserer Kulturförderung verstärkt die Erfordernisse der Zeit zu berücksichtigen. Ich denke da beispielsweise an die Themen Klimawandel, Nachhaltigkeit, Migration und Demokratie. Denn wie eingangs bereits bemerkt, sind Kunst und Kultur weit mehr als bloße Unterhaltung, sondern vielmehr visionäre Bestandteile des demokratischen Lebensprozesses. Kunst und Kultur können uns neue Sichtweisen und Erfahrungen eröffnen, die uns zu einem besseren Miteinander verhelfen. Diesen Blick auf Kunst und Kultur zu stärken, verstehen wir als unsere Mission für die Zukunft.
Interview mit dem Vorstandssprecher der Sparkasse LeerWittmund, Carsten Rinne
OKK: Wie definieren Sie das Selbstverständnis der Sparkasse LeerWittmund als Partner der Region?
Rinne: Kernaufgabe der Sparkasse LeerWittmund ist die Förderung des Wohlstandes sowie des Sparens und der Vorsorgebereitschaft ihrer privaten Kunden sowie des wirtschaftlichen Wohlergehens ihrer gewerblichen Kunden unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Grundsätze. Dabei stehen ein flächendeckend für die Kunden erreichbares kreditwirtschaftliches Angebot sowie eine an den Bedürfnissen der mittelständischen Wirtschaft orientierte Kreditvergabepraxis im Mittelpunkt.
Erwirtschaftete Mittel, die nicht im Rahmen der Geschäftstätigkeit oder zur Stärkung der eigenen Substanz benötigt werden, setzt die Sparkasse LeerWittmund zur Förderung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Zwecke ein.
OKK: Welchen Stellenwert messen Sie der Kulturförderung im Rahmen der regionalen Förderung bei?
Rinne: Die Sparkasse LeerWittmund übernimmt im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten Verantwortung für die Attraktivität und Entwicklung in ihrem Geschäftsgebiet, den Landkreisen Leer und Wittmund. Sie engagiert sich entsprechend dem örtlichen Bedarf mit Fördermaßnahmen in sozialen Aufgabenstellungen, Sport, Kultur, Umwelt, Wissenschaft und Bildung, insbesondere der Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung und der Vermeidung von Überschuldung. Örtliche Förderengagements sind zumeist mit langfristiger Perspektive angelegt und berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien. Die Sparkasse LeerWittmund stellt sich neben den ökonomischen und sozialen auch den zunehmenden ökologischen Herausforderungen. Soziales Engagement und somit auch die Kulturförderung, ist ein elementarer Teil der Geschäftsphilosopie und hat somit einen sehr hohen Stellenwert für die Sparkasse LeerWittmund.
OKK: Wie sehen Sie in der Zukunft die Ziele und Perspektiven Ihrer Förderarbeit?
Rinne: Als regionale Selbsthilfeeinrichtungen vor mehr als 200 Jahren entstanden, unterstützen die Sparkassen bürgerschaftliches Engagement vor Ort und stehen örtlichen Akteuren als Partner zur Verfügung. Das gilt selbstverständlich auch für die Sparkasse LeerWittmund. Dies erfolgt durch finanzielle oder ideelle Förderungen sowie Würdigung der Arbeit örtlicher Vereine und Bürgergruppen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse LeerWittmund engagieren sich ehrenamtlich für die Gesellschaft. Dieses wird auch in der Zukunft so bleiben.
Dabei werden die Ziele der Förderarbeit auch weiterhin auf das Gemeinwohl, den sozialen Zusammenhalt und das ehrenamtliche Engagement ausgerichtet bleiben. Das Thema Nachhaltigkeit wird zukünftig auf allen Ebenen eine elementare Rolle spielen.
OKK: Kunstausstellungen und andere Events waren traditionell ein Teil Ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Hat sich daran etwas geändert?
Rinne: Die Förderaktivitäten der Sparkassen haben einen Schwerpunkt auf Initiativen, die vor Ort das gesellschaftliche Miteinander stärken. Für eine nachhaltige Weiterentwicklung des Geschäftsgebiets bietet es sich an, auch verstärkt Initiativen zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen zu unterstützen. Dabei sollen jedoch – angesichts begrenzter Fördermittel – langjährige Partnerschaften im gesellschaftlichen Engagement nicht gefährdet werden. Dieses gilt es in einen Einklang zu bringen.