Heike Knopf und Dr. Welf-Gerrit Otto
Der Comic als Medium: Die virtuose Verknüpfung von Literatur und Bildender Kunst
Comics sind hauptsächlich für Kinder? Weit gefehlt. Man kann Geschichten durch die Reihung von Buchstaben erzählen. Oder durch Bilder. Und man kann beides zu einer harmonischen Einheit zusammenfügen. Durch die Korrelation dieser Elemente wird eine Kraft entwickelt, die dem bloßen Wort ebenso fehlt wie der alleinstehenden Grafik. Heike Knopf und Gerrit Otto haben die Kunst des Comics zur Meisterschaft entwickelt. Lassen Sie sich verzaubern.
Schon früh in der Menschheitsgeschichte treffen wir auf diese Form des Ausdrucks, der Weitergabe von Wissen und Erkenntnis, der gewissenhaften Bewahrung und Tradierung kleiner und großer Ereignisse, der Befriedigung des Bedürfnisses nach Information: die Bildgeschichte. Wir begegnen ihm im Grab des Menna, aber auch auf dem Papyrus des Hunefer, auf der Trajanssäule und in fernöstlichen Tuschemalereien. Die Verknüpfung von Bild und Sprache hat damals dem besseren Verständnis gedient, sie konzedierte das begrenzte kognitive Vermögen der Konsumenten. Heute empfinden wir vor allem die Faszination, die aus der Verbindung der beiden Elemente erwächst. Wenn sich die Illustration der Schrift bedient und das Wort sich mit bunter Grafik schmückt, dann werden Geschichten erzählt, die Klein und Groß in ihren Bann ziehen. Und ganz ohne Zweifel reden wir auch von einer eigenständigen Kunstform. Sie liegt vor uns als farbenprächtiges Mosaik, eine verzaubernde Welt aus Zeichen und Farben.
Heike Knopf und Gerrit Otto haben in diesem Buch ein neues Kapitel aufgeschlagen. Dabei gelingt es ihnen hervorragend, die klassischen Formen des Genres zu nutzen und zugleich innovative Wege zu gehen. In ihren Arbeiten spielt die Gegenwart eine besonderer Rolle, das Zeitgeschehen. Es wird immer wieder aufgegriffen, reflektiert, seine Rückwirkungen werden betrachtet. Der Blick richtet sich auf die Gesellschaft als Ganzes ohne jedoch den Einzelnen außer Acht zu lassen. Der Bürger als Träger des sogenannten öffentlichen Lebens ist ein wiederkehrendes Thema. Und dann fällt eine Kategorie auf, die Werke von Heike Knopf und Gerrit Otto zusätzlich bereichern; es ist die Auseinandersetzung mit historischen Figuren und ihrem fortgesetzten Wirken, Personen der jüngeren Vergangenheit, deren physische Existenz zwar beendet ist, aber unser heutiges Dasein noch immer beeinflusst. Sie werden mit leichter Hand in einen Kontext gestellt, der auch futuristische Bezüge nicht scheut, die amüsante und fantasiereiche Spekulation über eine Welt von morgen.
In einer Reihe von Alleinstellungsmerkmalen in den Comics des Paares ist dieses wohl besonders markant. Daneben sind vor allem ein saftiger Humor, intellektuelle Schärfe, Fantasiefülle und thematische Vielseitigkeit zu nennen. Es kann so im Übrigen nicht überraschen, dass auch Autobiographisches enthalten ist; die beiden Künstler nehmen sich in genialen, selbstironischen Pseudonymen („Madame Bouton“ und „Dr. Knotto“) aufs Korn; und damit auf die berühmte Schippe. Diese bemerkenswerte Variante fügt den Elaboraten eine weitere Note hinzu, die sie von vielen anderen ihrer Art akzentuiert unterscheiden. Dass die Comics handwerklich von hohem Niveau sind, rundet das Bild ebenso vortrefflich wie folgerichtig ab.
Die Comics von Heike Knopf und Gerrit Otto richten sich vornehmlich an ein Publikum, das den Kindesbeinen entwachsen ist. Wer glaubt, solche Arbeiten würden ihn seit der überstandenen Pubertät nicht mehr interessieren, der wird eine Überraschung erleben.
Lothar Englert
Heike Knopf: http://www.tanztheater-friesland.de/
Dr. Welf Gerrit Otto: https://wgotto.de/